Woche 6 (20.09 - 26.09.2017)

So, Tag 7 der Woche 6 ist rum. Schon wieder 20km Schotterpiste, ein besserer Begriff wäre Kieselsteinpiste für Teile der Strecke. Einige dieser Kieselstein sind größer als die Frühstücksbrötchen. Das hat heute zu zwei Schiebeabschnitten geführt und einer Reparatur und einem Schaden, den ich noch beheben muss. Ein Gummipuffer an der Halterung eines Frontrollers (vordere Satteltasche) ging verloren. Da brauch ich Ersatz, das geht so nicht lange gut. Wenn es so brutal auf den Pisten rumpelt, verursacht mir das fast körperliche Schmerzen. Nicht weil es weh tut, sondern, da ich Angst um mein Equipment habe. So hat sich heute die Lampe vorne gelöst und nur mit Multiwerkzeug und Leatherman konnte ich die fummelige Schraube wieder festziehen. Das ist etwas spassbefreit, muss ich sagen. Muss bei der Planung der Strecken besser aufpassen, sofern das möglich ist. Ebenso war es teilweise kaum möglich den Berg hoch zu fahren, daher die Schiebeeinlagen. Wenn im Sitzen das Hinterrad berghoch kein Grip hat, ist das doof. Letztlich bin ich heute 'nur' 58km gefahren, dafür aber mehr als 900m bergauf. Als ich endlich hier in Torre del Campo ankam, war ich schon geschafft. Mit der Hitze, und ab 14 Uhr ist es mehr als 30 Grad, komme ich jetzt besser zurecht. Ich mag ja auch die Hitze. Aber die HM haben mich dann doch geschafft. Die letzten 10km ging es nur noch bergauf. 

Das Thema in dieser Gegend von Andalusien ist der Olivenbaum. Es gibt Millionen davon. Olivenbäume bis zum Horizont und weiter.  Ich bin nahezu ausschließlich durch Olivenbaumfelder gefahren. Wie auf den Fotos zu sehen, ist die Gegend sehr wellig und Olivenbäume sind überall. Wie schon in La Mancha gibt es hier die runden, weichen Hügel. Nur sind die hier mit Olivenbäumen bepflanzt. Funktioniert größtenteils auch wiederum nur mit Bewässerung.  Hier müssen wohl tausende Kilometer Bewässerungsschlauch liegen. In einem Feld habe ich auch beobachtet, wie die das legen. Die fahren mit dem Traktor durch und machen mit dem Pflug eine lange Furche. Da kommt ein dicker schwarzer Schlauch rein, von dem kleine dünne Schläuche zu jedem Baum abgehen. Ist ein riesiger Aufwand. Mitten in dieser Pampa stand ein riesengroßes Schild. Ich konnte es nicht lesen, ich konnte nur die 13,5m Euro erkennen, die hier scheinbar investiert werden. Auch gut, ansonsten ist ja hier viel Nichts und irgendwas müssen die Andalusier ja anbauen. Ich mag Oliven, also finde ich das gut :-). 

Heute war ein Tag ohne große Hirnaktivität. Wobei ich präziser sein muss. Die Schotterpisten und das dauernde Bergaufwärts fahren haben mich in Beschlag genommen. Auf den Schotterpisten bin ich hochkonzentriert, ich will das rütteln und schütteln soweit minimieren wie es möglich ist, und ich will kein Schlagloch oder Riesenstein mitnehmen. Beim bergauf fahren, war ich damit beschäftigt mir kleine Ziele zu setzen und mir zu überlegen, wie lange das noch hoch gehen kann. Ich habe auch mal richtig geschwitzt. Meine Arme waren mit Schweiß überzogen und haben in der Sonne geglänzt. Das habe ich selten beim radeln. Normalerweise reicht der Fahrtwind, selbst bei 40 Grad, zur Kühlung der Arme. 

Nachdem nun die erste Woche schon wieder rum ist, stelle ich fest, dass ich im Rhythmus bin. Es braucht wohl eine Woche, um in den 'eat, sleep, bike, repeat' Mode zu kommen. Der Körper ist adaptiert und kommt mit der Belastung wieder besser klar. Mental ist das wohl ähnlich. Der Kopf braucht scheinbar auch eine Akklimatisierung. Er wird anders und auch weniger gefordert. Ich versuche mich zu erinnern, wie das am Anfang meiner Reise war. Da habe ich wissen wollen, wie sich Pilger fühlen und habe mir Hape Kerkelings Buch reingezogen. Heute denk ich, dass der einfach nicht lange genug unterwegs war. Eine gewisse Gelassenheit kommt erst mit der Zeit. Zumindest denke ich das im Moment. Schauen wir mal, was die nächsten Wochen noch passiert. 

Heute lese ich noch ein wenig. Muss auch die Zeit bis 20:00 Uhr überbrücken, vorher gibt es hier einfach nix zu essen. Und ich freue mich nix tun zu müssen (außer mir die Gummihalterung für meine Frontroller zu besorgen). Daher auch keine Binsenweisheit und nichts politisches heute :-). Hasta manána. 


So, Tag 6 der Woche 6 ist rum. Puh, heute war ich schon nach 30km geschafft. Ich wusste, dass heute schwer wird, aber 30km Schotterpiste, dauernd auf und ab, war hart. Die Piste ging neben der Autobahn entlang. Für die Autobahn hat man versucht, so weit wie es geht, eine flache Strecke in die Landschaft zu fräsen. Leider hat man das nicht für die Radpiste daneben auch gemacht. Zwei Rampen waren so steil, da musste ich schieben - ich tippe mal auf über 30% Steigung. Wenn ich stehen blieb, ist das Rad bei gezogener Vorderradbremse rückwärts gerutscht. Und bergab habe ich mich kaum getraut zu fahren und habe auch tatsächlich einmal bergab geschoben. Beim dem ganzen Gehobbel habe ich auch noch meine 1,5l Wasserflasche verloren. Ist mir aber erst aufgefallen, als der richtig lange Anstieg des Tages nach 40km kam. 

Es wurden am Ende 83km und 760HM und ich bin in Andalusien angekommen. Und auch wenn es anstrengend war. Für die Landschaft und deren heutigen Abwechslungsreichtum hat sich die Anstrengung allemal gelohnt. Die sanften Hügel im Süden von La Mancha mit den Weizenfeldern, den Olivenbäumen und dem Wein gingen so langsam in richtige Berge über. Der Weg nach Andalusien führt durch den Naturpark Despeñaperros und nur durch den Desfiladero de Despeñaperros, einen Gebirgspass geformt durch den gleichnamigen Fluss, kann man Andalusien erreichen. Der Pass heißt daher auch das Tor zu Andalusien. Ich habe beim raufstrampeln eine Foto geknipst. Nach dann nochmal knapp 200HM bergauf, ging es zwischen Kiefern und Pinien bergab. Das Bergabrollen in Serpentinen auf einer sehr kleinen Straße war der Hammer. Und es roch wieder nach Urlaub. Dann hat sich die Landschaft geändert, es blieb hügelig, aber es gab fast nur noch Olivenbäume. Eine Abschnitt ging 10km wiederum auf einer schmalen Straße durch eine riesige Olivenbaum Plantage. Ich muss nicht erwähnen, dass es weiterhin richtig warm ist und die Gegend staubtrocken. Aber es sieht klasse aus, zumindest mir gefällt es und auf den Straßen ist nicht viel los.

Eigentlich wollte ich ja noch ein paar Worte zur Bundestagswahl verlieren. Das mache ich jetzt auch noch. Ich glaube es hat auch was Gutes. Das mag jetzt überraschend klingen, aber ich geb mal meine 'Zwei Cent' hier zum besten.  

Mich hat die Wahl nicht überrascht. Die CDU hat fast gar keinen Wahlkampf geführt. Wenn es uns weiter gut gehen soll, dann wählt uns. Die SPD hat mit Schulz für ein sozial gerechteres Deutschland gekämpft. Hallo? Die Welt verändert sich dramatisch und Unsicherheiten beschäftigen das Volk. Kriege, Flüchtlinge, unsichere wirtschaftliche Aussichten bestimmen das Weltgeschehen. Trump hat das ausgeschlachtet mit seinem 'Make America Great again' und wurde Präsident, die Brexitkämpfer haben damit das britische Volk an der Nase rum geführt und man muss nur mal nach Polen, Ungarn und andere Länder schauen. Und die SPD kämpft für soziale Gerechtigkeit! Die AFD hat das Thema das viele Menschen bewegt besetzt. Und auch ganz bewusst mit rechtem Gedankengut populistisch breit getreten. Die FDP ist der wahre Gewinner, da die mit Zukunftsthemen gekämpft haben, womit sie ihr Ergebnis von der letzten BTW verdoppelt haben. Die FDP war auch die einzige Partei, die ich richtig in den sozialen Medien wahrgenommen habe. Der Hr Linder hat da viel investiert. 

Ich glaube die CDU hat bewusst bestimmte Themen nicht aufgegriffen, um auch einer Debatte mit der AFD aus dem Weg zu gehen. Die CSU hat das nicht gemacht. Am Resultat kann man sehen, wohin das geführt hat. Die Linke und die Grünen haben ihre Positionen und dann letztlich ihre Anteile gehalten. Tja, jetzt hat Mutti den Salat. Ich denke, sie hat damit gerechnet. Fast hätte sie zu hoch gepokert mit ihrer Strategie. Und ich denke es war fahrlässig, viele Punkte im Wahlkampf außen vor zu lassen. Dazu passiert zu viel in der Welt, in Europa und auch in Deutschland, worauf die Menschen Antworten wollen. Was mich am meisten gestört hat, war, dass Europa im Wahlkampf kaum ein Thema war. Ich bin bekennender Europäer und ohne ein Europa könnte ich nicht so einfach mit dem Rad hier rum fahren. Und Europa spielt eine zentrale Rolle für Deutschland und unseren Wohlstand. 

Wie schon im Wahlkampf, geht es jetzt mit der Medienpräsenz der AFD weiter. Meines Erachtens müssen die Medien sich mal reflektieren und sich überlegen, ob sie jeden rechten Pubs den Herr Gauland ablässt, gleich drucken müssen. Aber was noch parallel passiert, ist der große Aufschrei, der jetzt durch Deutschland geht. Facebook ist voll davon und die spontane Demonstration vor dem Gebäude der AFD Wahlparty spricht auch Bände. Und dass ist das Positive. 

Wir leben in einer Demokratie und zwar in einer der Besten auf der Welt. Jetzt kommt eine Partei mit Populismus und rechtem Gedankengut in den Bundestag und zum Glück wachen viele auf. Etwas spät, aber immerhin. Eine Demokratie lebt vom Volk und das muss mitmachen. Das ist eine Verpflichtung für jeden. Viele Menschen, darunter die Jugend und insbesondere die 25%, die nicht gewählt haben, müssen politisch(er) werden. Neben den vielen Rechten in einer Demokratie, ist das eine Pflicht für jeden Bürger. Die AFD mit 94 Sitzen im neuen Bundestag war der Wake Up Call. Das ist auch der Grund warum ich hier ein politisches Statement abgebe. Jeder, auch ich, muss politischer werden und die politische Auseinandersetzung suchen. Das macht Demokratie aus. Wenn man das nicht tut, kann man hinterher nur noch meckern. 

So, und morgen geht es weiter. Es wird wieder anstrengend und es stehen richtig HM auf dem Programm. Aber so wird es den Jamaika Protagonisten auch gehen, das wird ein harter Weg. Drücken wir mal die Daumen, weil Neuwahlen wären doof. 


So, Tag 5 der Woche 6 ist rum. Heute war unspektakulär. Den Don Quijote Abschnitt habe ich hinter mir gelassen und es ging in der Oliven- und Weinbergs- sowie trockenen Feldlandschaft weiter. In dieser Umgebung bin ich knapp 87km gefahren. War aber weitestgehend flach mit nur 220HM. Die größeren Hügel stehen nun die kommenden Tage an. 

Mir ist heute nicht soviel im Kopf rumgegangen. Ich habe an die Wahl gedacht und während ich hier schreibe, wird wohl gleich die erste Prognose reinkommen. Und ich habe das Geheimnis des Weinanbaus hier entdeckt. Die bewässern tatsächlich jede Rebe. In jeder Zeile läuft ein kleiner schwarzer Schlauch lang, den einige sehr wahrscheinlich von ihrem Garten kennen. Teilweise ist dieses System an riesige Wasserspeicher, eher sehr große Steinkübel, angeschlossen. Ansonsten hätte ich mir kaum vorstellen können, das hier ein Wein gedeiht. Es ist echt staubtrocken und heute war es wieder über 30 Grad. Da ich nach Süden fahren, habe ich die Sonne dauernd von vorne und die Hitze stecke ich im Moment nicht so gut weg. Normalerweise macht mir das ja nicht soviel aus, im Moment aber scheinbar schon. Meine Arme und Beine sammeln auch gut Farbe. Mal sehen wie das die Tage noch wird, da ich immer noch auf über 700m über NN unterwegs bin.  

Aber ich finde die Landschaft wunderschön, sieht teilweise wie eine Kulisse aus. Der Untergrund ist überall sehr steinig, was man in den Olivenbaumfeldern und den Wingertszeilen gut sieht. Die Weizenfelder sind abgeerntet und die Halme stehen so ca. 5cm hoch. Damit sehen diese Landstriche sehr gelblich aus und wenn dann noch so ein altes Steinhaus dazwischen steht, ist es richtig idyllisch. Daher habe ich auch das Bild des Tages mit diesem Panorama ausgewählt. Gegen Ende der Tour gab es sehr viele Hügel. Die sahen alles wie gigantische Maulwurfshügel aus. Die waren alle leicht grün und mit etwas Phantasie hätte man meinen können, die wurden von riesigen Maulwürfen ausgehoben. Hatte echt was, aber ich hatte keine Lust mehr zum Anhalten und Foto schießen. Aus irgendeinem Grund war ich zügig unterwegs, letztlich mit einem Schnitt von über 19,2km/h. Dadurch und wohl auch der Sonne geschuldet war ich platt. Und dann froh in meinem Hotel angekommen zu sein. 

Hier ist es wieder wie in einer Art Filmkulisse. Ich habe mal ein Foto aus der Lobby hoch geladen. Wie eine alte Finca auf einer großen Hacienda. Man beachte die Ritterrüstung im Hintergrund. Irgendwie schön. Aber hier ist genauso viel los, wie heute auf der Strecke. Ich hatte anfänglich mal aufgepasst. Die ersten 40km haben mich zwei Autos überholt. Hier sitze ich jetzt seit knapp 1h und es kam kein Mensch vorbei. Außer natürlich der Dame von der Rezeption, die mir auch den Café Solo und die Flasche Wasser gebracht hat. 

Jetzt schaue ich mir gerade die erste Hochrechnung der Wahl an. Hm, sieht nach Jamaika aus. Die SPD ist raus. Da hat der Hr. Schulze es nicht geschafft, die Wechselwähler einzusammeln. Die sind wohl zur FDP und AFD gegangen, die ja im derzeitigen Bundestag nicht vertreten sind und mächtig zu gelegt haben. 

Jetzt hab ich auch nix mehr zu schreiben. Ist auch mal gut so. Die Zeit bis 8 Uhr verbringe ich jetzt noch mit Lesen, da es hier leider früher kein (richtiges) Essen gibt. Ist so in Spanien, hab mich dran gewöhnt. Dann geht es gleich ab ins Bett und morgen stehen dann ein paar Berge an. Hasta mañana. 


So, Tag 4 der Woche 6 ist rum. War ein richtiger Radtag. Ich bin zufrieden. 87km und 613HM haben mich ins Land vom Don Quijote gebracht. Vor der Tür der Bar steht eine Bronzestatue von ihm und Sancho Panza. Die Windmühlen auf den Hügeln hatten schon angekündigt, dass ich hier dem Ritter der traurigen Gestalt begegne. Wenn ich an meine Gedankenwelt während des Radfahrens denke, komme ich mir manchmal so vor wie Don Quijote. Heute habe ich davon geträumt in meinem Leben nochmal einen Ironman zu finishen. Davon träumte ich schon als Jugendlicher. Das sind dann die Momente, wo ich einen Sancho Panza bräuchte. Wobei ich das Gefühl habe, dass der in meine Ratio eingebaut ist und ich intrinsich schon von zu vielen Hirngespinsten bewahrt werde. 

Aus Toledo ging es gleich ohne 'warm up' nur bergauf. Da konnte ich zwar nochmal ein schönes Bild von der Stadt machen, aber ich hätte mir gerne etwas geradeaus gewünscht, bevor es 20km fast nur bergauf ging. Ich musste von 480m kommend auf über 850M über NN. Die Beine waren gut, aber nach einer Stunde hatte ich Magenkrummeln. Und es wurde von Minute zu Minute schlimmer. Nach zwei Stunden bin ich in ein Hotel und schnurstracks auf die Toilette gestürmt, da sich schon den typischen Schweiß für solche Situationen hatte. Puh, nach 15min ging es weiter und alles war wieder gut. Die Gegend ist weiterhin trocken, aber zu meiner Überraschung gibt es hier vereinzelt Weinberge. Die vielen Olivenbäume haben mich nicht überrascht, wie der Wein hier gedeiht, frage ich mich aber schon. 

Ich habe mich gut gefühlt und ich muss festhalten, dass ich mich in einsamen kargen Gegenden, wo man auch weit schauen kann, wohl fühle. 30 Grad, nichts los und ich kann einfach vor mich hinfahren und meinen Gedanken - ohne Sancho Panza - freien Lauf lassen. Das kann ich richtig genießen. 

In dem Moment kommt ein Rennradler von hinten angesaust und textet mich gleich auf Spanisch zu. Ich muss ihn erstmal bremsen und mitteilen, dass es in englisch besser ginge. Er schaltet auf englisch um und bombardiert mich mit Fragen. Wo ich herkomme, wo ich hin will, wie ich heiße, ob ich Hilfe brauche. Er war total aus dem Häuschen und hat während der Fahrt ein Selfie von uns gemacht. Aber er hatte vorher gefragt. War witzig und ich glaube er fand es toll was ich mache. Und schwups war er schon wieder weg. 

Da wurde mir die Konsequenz meines Magenproblems bewusst. Ich hatte mich komplett entleert und scheinbar waren von meinem Frühstück nicht viele verwertbare Dinge durch meinen Verdauungstrakt gegangen. Die zwei Banächen waren schon verbrannt und ich fuhr in einen Hungerast. Zum Glück kam nach 20min eine Städtchens und ich konnte in den ersten Supermarkt einfallen. Der war wieder von Asiaten besetzt. Scheinbar werden viele kleine Supermärkte in Spanien von Asiaten betrieben, zumindest ist mir das jetzt wiederholt aufgefallen. Egal, ein Baguette mit reingestopften Snickers und Mars haben mich gerettet. Die Energie habe ich auch gebraucht. Die letzten knapp 20km gingen rein auf einer Schotter-, Feld-, Sandwegmischung. Das hieß volle Konzentration auf den Weg. Jetzt ist alles total zu gestaubt. Mal sehen wie ich morgen mein Rad sauber bekomme, zumindest die Kette. Dafür darf mein Rad mit im Zimmer übernachten, das ist Premiere. 

Heute wurde mir wieder bewusst warum ich so eine Tour machen kann, nachdem die letzten Tage eher schwierig waren. Ich fahre einfach gerne Fahrrad. Ich weiß, dass mir die Bewegung gut tut und ich mag es, wenn ich meinen Körper spüre. Ich kann gut alleine mit mir sein und die Gegend und meinen Gedanken genießen. Das gibt mir was. Daher brauche ich auch eine solche Umgebung. Durch eine Stadt zu fahren artet eher in Stress aus. Und da mir das soviel Spaß macht, freue ich mich schon wieder auf morgen. Ich kann mich auch mittlerweile auf meine Beine verlassen, und somit tun auch steile Berge nicht mehr (so) weh bzw. es macht auch Spaß nur bergauf zu fahren. 

Ich lass es mal heute bei dieser erneuten Feststellung, dass mir Spaß macht, was ich mache. Für Binsenweisheiten ist noch genug Zeit. Dafür bedanke ich mich jetzt aber einmal bei Euch für alle Kommentare im Blog, auf Facebook und per Mail. Ich freue mich über alles Kommentare und die Aufmunterungen. DANKE. 


So, Tag 3 der Woche 6 ist rum. Auf meiner Testreise hat mir ein erfahrener Radreisender erzählt am dritten und zehnten Tag soll man Pause machen. Bisher war mein Rhythmus ja eher eine Pause nach 6 Tagen einzulegen. Der Rhythmus war aber eher meinem Ehrgeiz geschuldet und nicht einem Plan. Wie auch immer, heute, am dritten Tag meiner zweiten Etappe, habe ich spontan nach dem Frühstück entschieden noch einen Tag in Toledo zu bleiben. Grundsätzlich bin ich entspannter und nicht mehr so getrieben, was schonmal schön ist, aber so richtig frisch fühle ich mich auch noch nicht. Auf jeden Fall konnte ich der 3/10 Regel heute morgen was abgewinnen. Ich sage mir mal, dass der Körper sich somit wieder an die Belastung gewöhnen kann. 

So habe ich also noch einen entspannten Tag in dieser schönen Stadt angehängt. Aber ich befürchte, dass die nächsten sieben Tage alles andere als entspannt werden. Ich muss am Freitag in Málaga sein, da kommt die Familie eingeflogen. Heute morgen habe ich die ersten vier Etappen geplant und dann bleiben noch drei weitere bis Malaga - es sind 520km und 4200HM. Die 520km sind kein Problem, die Höhenmeter sind aber nicht unbedingt gleich verteilt, somit kann ich nicht richtig gut balancieren. Da ich mich sehr auf das Wochenende in Malaga freue, habe ich einen gute Motivation jeden Tag meinen Schnitt zu machen. Ich habe auch das erste Mal schon drei Hotels im voraus gebucht und damit einen weiteren Ansporn fabriziert, um zu sehen, wie gut meine Beine geworden sind. Morgen sollen es schonmal knapp 90km und 700HM werden. Zu Antrieb, Zielen und Motivation hatte ich ja schon öfter geschrieben. Es zeigt sich für mich gerade wieder wie sich das auswirkt. Hätte ich keine Verabredung mit meiner Familie in Malaga, würde ich mich wohl jetzt treiben lassen. Ich bin entspannt und leer im Kopf und Dolce Vita, statt dem anstrengenden Radleralltag, bevorzugen. Trotz meiner Liebe zum Radeln, wäre Lesen und die Umgebung genießen auf meiner Tagesordnung. Genau das habe ich heute auch gemacht. Ich hab im Park hier gesessen und gelesen. Lecker Kaffee in einem Café getrunken und gelesen. Bin langsam und ziellos durch Toledo gewandert und hab alles auf mich wirken lassen. Btw. die Chinesen sind klar in der Überzahl hier. Ich glaube, ich bin heute unfreiwillig auf zahllosen Fotos gelandet. Und nach meiner Wahrnehmung hat das Smartphone die Digitalkamera klar abgelöst. Alle knipsen vor sich hin und man gar nicht vermeiden immer irgendwo mit auf das Bild zu kommen. Ich hatte heute mein Fotoapparat gar nicht dabei. Ich muss nicht alles wie oft knipsen, ich will auch eine Stadt mal nur mit meinen Sinne wahrnehmen und als Erinnerung bewahren. Nochmal, wenn man kein Problem hat schöne Dinge zu teilen, empfehle ich Toledo. Die ganze Stadt hat viel Geschichte und das dokumentiert sich überall, insbesondere in der Architektur. 

Gutes Essen ist übrigens auch oben auf meiner Dolce Vita Liste. Und genau gegenüber meines Hotels gibt es überraschenderweise einen kleinen unscheinbaren Sushi Laden. Der ist aber excellent. Ich war schon zweimal dort und gehe gleich wieder hin. Das ist dann mein Abschluss in Toledo und des Dolce Vita. Morgen treibt mich die Motivation in Richtung Málaga. Ggf findet sich ja jemand der mich in Marrakesch treffen will, damit ich das Ziel nicht aus den Augen verliere :-). 

Ziele sind wichtig, das kann man nicht verleugnen. Manchmal muss man sich das wieder bewusst machen. Das Thema muss ich nochmal für mich detaillierter aufgreifen. Ich habe ja schon öfter darüber philosophiert, aber in nächster Zeit, muss ich meine Ziele (neben Málaga und Marrakesch) nochmal neu denken und ggf. formulieren. Das steht an. Was das für Ziele sind, ist das spannende. Im Moment bin ich da noch sehr offen. 

Aber jetzt geht es auf zum Sushi Essen. 


So, Tag 2 der Woche 6 ist rum. Heute war Premiere. Komoot, mein Internet Routenplaner hat mir eine Strecke geplant, die nicht zu fahren war. Leider war auch die Korrektur nicht in 15min zu realisieren. Wobei, wie schon mal beschrieben, es gibt keine automatische Neuplanung oder Route wird korrigiert Funktion und ich musste mir meine Alternativroute selbst suchen.  

Aber wie immer von vorne. Ich hatte nicht richtig gut geschlafen, aber ausreichend und bin nach dem Frühstück mit neutraler Stimmung los gefahren. Das Wetter war wieder sehr gut, wobei es morgens kühl war und erst im Laufe des Tages richtig warm wurde. Heute wurde es zwischenzeitlich sogar mal richtig heiß. Deutlich über 30 Grad. Und ich bin körperlich wirklich noch nicht so da. Habe ich heute wieder gemerkt, obwohl die Strecke nach Toledo mit letztlich 56km und 185HM sehr einfach war. Und ich trinke wohl zu wenig. Ich denke mal das legt sich die Tage wieder. Ebenso habe ich heute wieder festgestellt, dass radeln und eine anschließende Sightseeingtour erheblichen Einfluss auf meine Gedankenwelt hat. Insbesondere wenn man so eine Stadt wie Toledo anschauen darf. 

Toledo ist eine alte Stadt, deutlich vor Jesus Geburt schon gegründet. Das Stadtbild ist zusammengesetzt aus den gotischen, maurischen und christlichen und jüdischen Einflüssen, und deren Baustilen und Merkmalen. Vor allem kann man überall was sehen und entdecken. Die Attraktivität der Stadt ist so bekannt, dass hier richtig was los ist. Reisegruppen ohne Ende. Japaner und viele Chinesen, aber noch mehr Spanier laufen in Gruppen mit Führern durch die Stadt. Es gibt die kleine Eisenbahn und den Hop On and Off Bus für Rundfahrten. Eine Fahrt kann aber nicht lange dauern, so groß ist die Stadt auch wieder nicht. Mc Donalds und Bürger King zwischen den Tapas Buden und Läden für Touri Nepp ohne Ende runden das Bild einer internationalen Touristenattraktion ab. Soviel Geschichte und Steine lassen sich gut zu Geld machen. Aber es ist auch echt schön und interessant. Toldeo gehört auf die Liste, wenn man in Spanien ist. Ich bin rum gelaufen bis ich einen Hungerast hatte. Frühstück, zwei Bananen und gemischter Salat reichen nicht - noch nicht. Auf jeden Fall, habe ich ein paar Bilder hoch geladen, um etwas von dem Bild der Stadt zu transportieren.

Die Stadt hat mich richtig abgelenkt und damit geht etwas von dem üblichen Radreise Modus verloren. Also von dem, wie ich ihn die ersten vier Wochen primär hatte. Durch die vielen Impulse und Eindrücke beim Sightseeing gehen die Gedanken in eine andere Richtung. Weg von einem selbst - von mir selbst. 

Heute morgen beim radeln ging mir noch durch den Kopf, dass ich gestern im Blog nicht richtig präzise war. Meine Gedanken nicht auf den Punkt gebracht habe. Und ich habe heute wieder über den Sinn meiner Reise nachgedacht und was mich wirklich antreibt. Und im Gedanken darüber und nach 3km Schotterpiste war dann keine Brücke über den Fluss zu sehen. Und es kam völlig überraschend, da ich den Fluss nicht sehen konnte, außer auf meinem Elemnt (mein Tacho mit Routenanzeiger). Ich bog um die Kurve und dann war da der Fluss und meine Strecke ging gerade durch. Aber ohne Brücke geht das nicht. Das gegenüberliegende Ufer sah auch nicht so aus, als ob da jemals eine Fähre hätte anlegen können oder jemals getan hat. 

So ein Shit. Nach ein paar Minuten detaillierter Inspektion der Gegend war klar, dass ich zurück musste. Wie weit war nicht klar. Letztlich hat es bestimmt 45min und einer weiteren Feldwegsackgasse gedauert, bis ich auf dem Feldweg-Labyrinth wieder auf einer Straße war. Damit war auch irgendwie mein Gedankengang verloren. 

Es ging mir nur noch durch den Kopf, dass der Umgang mit Rückschlägen ausschlaggebend ist. Ich habe es heute sportlich genommen, ich wollte nicht weit fahren und eine Stunde mehr oder weniger waren nicht schlimm. Aber im normalen Leben, insbesondere in der Berufswelt und bei der eigenen Karriere, ist der Umgang mit Rückschlägen oder Schwierigkeiten ein wichtiger Schlüssel. Es zählen nicht die Talente und die Intelligenz, egal in welcher Form. Langfristig entscheidend sind die Fähigkeiten wie man mit Niederlagen, Rückschlägen und Enttäuschung umgehen kann. Und die kommen so sicher wie das Amen in der Kirche. Behält man die Ruhe und die Nerven, kann man daraus lernen und sich entwickeln. Bewahrt man Richtung, Selbstbewusstsein und reagiert richtig und besonnen geht man gestärkt aus so einer Situation. Schafft man das nicht, kann man bei einer Niederlage oder einem Rückschlag manchmal mehr kaputt machen, wie man vorher aufgebaut hat. Und manch Ausraster bleibt länger an einem kleben wie 100 Erfolge. Oder eine emotionale getroffene Entscheidung kann weitreichendere Konsequenzen haben, als man es sich in seinem emotionalen Kopf vorgestellt hat.  Daher ist der Umgang mit solchen Situationen eine Schlüsselkompetenz. 

So, jetzt habe ich mal wieder eine Binsenweisheit untergebracht. Und eigentlich wollte ich etwas über meinen Antrieb schreiben, der meiner Reise den Sinn gibt. Aber morgen ist ja auch noch ein Tag. Geplant habe ich noch nichts. Das mache ich morgen früh. Jetzt bin ich müde.  


So, Tag 1 der Woche 6 ist rum. Es war ein langer Tag und es fühlt sich noch nicht so richtig an. Heute dachte ich phasenweise, ich schaue mir selbst zu. In 12h habe ich mich wieder in mein Reiseradlerleben gebeamt, aber so schnell ist mein Kopf nicht. Und mein Körper scheinbar auch nicht. 

Aber wie immer, geht es von vorne los. Der Abschied war nicht einfach, wie gestern schon geschrieben, ist es nicht einfach wieder in den Einsamkeitsmodus zu gehen und die Familie und das normale Leben zurückzulassen. Der Flug war ruhig und planmäßig und ich bin gedanklich schon durchgegangenen, wie es dann ablaufen soll. Bei "left luggage" habe ich gegen meine zwei Belege, mein Rad und den Koffer - den ich gekauft hatte, da die nach Gepäckstücken abrechnen - zurück bekommen. Dann habe ich konzentriert meine Taschen gepackt, Flaschen gefüllt und mich anschließend gefragt was ich mit dem Koffer mache. Ich hab die nette Spanierin dann mal gefragt wo man ihn denn hinschicken könnte. Deutschland geht nicht, also von left luggage aus und ein anderer Flughafen, wie Barcelona, mein finales Ziel, macht keinen Sinn. Da ich ihn dort wieder einlagern müsste, für 10 Euro am Tag. Als ich den Koffer der Lady dann schenken wollte, kam sie mit einer anderen Idee um die Ecke. Wann ich den Koffer denn gekauft hätte, denn man kann ihn innerhalb von 15 Tagen zurückgeben. Na das war mal eine elegante Lösung. Ich hatte tatsächlich die Abrechnung noch und schwups war das Ding zurück gegeben und ich hatte meine Kohle wieder. Sachen gibts. 

Die nächsten 90min war ich dann damit beschäftigt Madrid zu durchqueren und nach Süden zu kommen. Aber auf die Spanier ist Verlass. Es geht ein Radweg komplett durch Spanien. Aber trotzdem muss Mann dauernd Straßen überqueren und um Kreisel herum fahren, an Ampeln stehen bleiben, usw.  Das Bild des Tages habe ich gemacht, als ich endlich aus der Stadt raus war. 30 Grad, Sonne pur, keine Wolken, ein wunderschöner Tag, wie man sieht. Aber ich war nicht im Radreise Mode. Morgens bin ich bei 11 Grad und Wolken zum Flughafen und ein paar Stunden später war ich wieder mitten in Spanien unterwegs. Hat sich skurril angefühlt und ich habe mich gefragt, ob ich das wirklich will. Wieder alleine durch Europa radeln und alles hinter mir lassen. Gut, ich vermisse Deutschland nach 10 Tagen Regen und Kälte nicht wirklich. Das Wetter hier ist deutlich besser. Aber ich habe auch mein Leben mit Familie wieder verlassen und das ist dieses Mal schwerer. Mit diesen Gedanken habe ich meine 66km zurückgelegt. Landschaftlich ist es hier nur trocken und auch keine wirkliche Ablenkung oder Inspiration. 

Bis ich dann nach Aranjuez kam. Eine nette kleine Oase 60km südlich von Madrid. Nach Hotel Checkin, der obligatorischen Dusche und etwas Radweltmeisterschaft (findet gerade in Bergen statt) bin ich los getigert. Not bad here. Ich habe ein paar Impressionen in die Fotogalerie hoch geladen. Das fand ich jetzt ganz nett und habe wieder feststellen müssen, welches Privileg ich genießen darf. So eine Reise zu unternehmen und mir sowas ansehen zu können, das ist was besonderes. 

Hier im Restaurant kommt ein 80er Song nach dem anderen und mein Stimmung wird noch zusätzlich melancholisch angeheizt.  Wie auch immer, ich schaue offen nach vorne. Morgen steht Toldeo auf dem Programm und das soll auch nicht schlecht sein. Ich trinke jetzt noch meinen Tinto de Verano und dann geh ich schlafen. Weil, heute bin ich zusätzlich noch müde und mein Nacken schmerzt. 10 Tage haben gereicht, um sich von der Belastung zu entwöhnen. 

Und bitte nicht falsch verstehen, ich bin auf einem hohen Niveau kritisch und spätestens in zwei, drei Tagen bin ich sicher wieder im Rhythmus. Aber ich bin jetzt schon anders unterwegs, als zum Beginn meiner Reise. Aufgeräumter und leerer. Da wird wohl noch einiges passieren. Aber wie gesagt, heute war ein langer Tag. 


Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Felicia Sophie Lazay (Donnerstag, 21 September 2017 07:50)

    Hallo Dirk, große Hochachtung, was Du da machst... das ist bestimmt wie eine echte Pilgerfahrt. Wirst Du auch in Toledo etwas bleiben? Dann übernachte hier: Abad Toledo, Real del Arrabal, 1, 45003 Toledo, Spanien und sieh auch hier mal rein: http://www.haciendadelcardenal.com/ ... ein wunderschöner Hof & gutes Essen. Herzliche Grüße & alles Gute! Sophie

  • #2

    Wirsdorf Gerd (Montag, 25 September 2017 20:48)

    Hallo Dirk, meine Hochachtung zu deiner Leistung. Mein Traum war mal eine Alpen Überfahrt der mittleren Kategorie mit dem Mountainbike gewesen. Aber leider nicht Realisiert. Ich wünsche dir bei deiner Reise weiterhin viel Spaß und alles Gute.