So, Tag 7 der Woche 7 ist rum. Es ist kein Vergnügen an der Costa de Sol mit dem Fahrrad lang zu fahren. Das muss ich jetzt mal so festhalten. Die A7 geht in Spanien die ganze Mittelmeerküste entlang und ab Málaga ist sie die quasi die einzige Verkehrsanbindung bis zum südlichsten Punkt von Europas Festland. Es gibt ein paar schöne Radwege am Strand und an Strandpromenaden entlang, aber die sind maximal 5km lang. So war es heute morgen auch, die ersten 5km aus Málaga raus waren klasse. Direkt am Strand entlang, schön gemütlich mit schönem Blick. Das ist traumhaft. Aber ich bin heute fast 104km gefahren und das waren dann noch nicht mal 5km davon. Knapp 25km bin ich auf der A7 gefahren. Leider auch etwas spassbefreit. Ich denke das Foto sagt alles.
Dreimal hat s mich heute mit Straßensperren bzw. nicht mehr vorhandnen Straßen erwischt. Das hatte ich bisher auch noch nicht. Beim ersten Mal bin ich durch eine riesige private Wohnanlage gefahren. Das war in Sotogrande. Da war ich schon von dem riesigen Privathafen geflasht. Lauter tolle Jachten lagen da in einem schönen natürlichen Hafen. Dann ging es in den mit Schranken und Securityhäuschen abgesicherten Stadtteil Bereich. Sah aus wie in einer Häuserausstellung - alles brandneu und total sauber. An jeder Hütte bzw am Eingangstor hing das Schild einer Alarmanlage. Anyway, die Straße, die ich rausfahren sollte, war eine Sackgasse und mit Zäunen vorm verlassen geschützt. Hat mich 30min gekostet, da wieder rauszukommen. Ich bin aber den offiziellen Weg rausgefahren und die Schranke zum rausfahren wurde auch extra für mich aufgemacht. Etwas außerhalb, habe ich dann noch den dazugehörigen Golfclub Sotogrande gesehen. Das war zum Wohnen mal sehr exklusiv.
Meine zweite Sperre war eine sehr kleine Straße, die mit Stachdraht versperrt wurde. Ich konnte zurück und auf einer Landstraße drum herum fahren.
Die dritte gesperrte Straße führte in den brutalen Gegensatz zur Luxusgegend. Ich bin rein gefahren, trotz des abschreckenden Bildes. Diese Gegend ist wohl ein Kollateralschaden der Finanzkrise. Da sind wohl unzählige Träume vom schicken Eigenheim geplatzt. Die Straßen waren aufgerissen, teilweise fast zugewachsen. Es gab keine Gullideckel mehr, nur die Löcher im Asphalt. Viele Laternenmasten waren umgefallen und versperrten alles. Es lag Müll rum ohne Ende. Meistens kaputte Holzpaletten, Ziegeln und Glasscherben. Die Häuser sahen alle nahezu gleich aus und waren recht großzügig geschnitten. Leider waren es Ruinen und mit Graffiti vollgeschmiert. Das ganze Gebiet sah aus wie in einem schlechtem Film, mir wurde sogar etwas mulmig. 800m ging das ungefähr, dann war das Drama zu Ende und glücklicherweise war im Zaun am anderen Ende, ein Loch durch das mein Rad genau durch gepasst hat.
Puh, das war ein echt krasser Gegensatz im Vergleich zu dieser exklusiven Luxusgegend 30km nördlicher. Hat mich daran erinnert, dass die Spanier arg gebeutelt wurden und immer noch schwer zu kämpfen haben. Gerade die Jugendlichen und die unter 30jährigen, haben kaum Perspektiven einen Job zu finden. Apropo, die Häuser mit Balkon zum Norden, haben alle dem Gibraltarfelsen gesehen. Das Bild unten ist dort entstanden. Gibraltar habe ich nämlich außen vor gelassen.
Die Fahrt nach Algeciras, hier ist der größte Hafen um nach Afrika zu kommen, hat mich viele Körner gekostet. 104km und fast 750HM bei Temperaturen um die 30Grad waren harte 6h10min im Sattel. Aber ich wollte so schnell wie möglich von de Costa de Sol weg. Und auf dem Rückweg muss ich mal schauen, wo ich mit einer Fähre noch hinfahren kann. Nach Algeciras fahre ich auf jeden Fall nicht mehr (mit dem Fahrrad), da werde ich versuchen wesentlich weiter nördlich zu kommen. Morgen wird dann eher einfach hoffe ich. Nachmittags nehme ich die Fähre und fahre dann nur noch nach Tanger rein. Ab Donnerstag geht es dann richtig los in Marokko.
Moral und Wille war heute eher gefragt. Die Strecke war eher eine Pflicht auf dem Weg nach Marokko. Manche Dinge muss einfach machen. Aber wie immer, sollten Aufgaben, die man eher als Pflicht sieht, eher die Ausnahme bleiben. Sonst wird das Ganze, wie auch im Job, schnell nervig. Da ich heute lange unterwegs war, ist jetzt auch schon spät. Will noch meinen Weg vom Hafen zum Hotelin Tanger planen und dann entspannen. Hasta mañana.
So, Tag 6 der Woche 7 ist rum. Nach 60km erreichte ich Marbella und Google hatte nicht ganz recht. Eigentlich kann man nicht mit dem Fahrrad von Norden kommend, in Küstennähe bis nach Marbella fahren.
Wobei ich präzise sein muss. Gestern hatte ich ein zeitlang versucht einen anständigen Weg nach Marbella zu finden, der mich nicht über einen 500m hohen Berg führt. Komoot, mein Internet Navigationstool, sagte es geht nicht. Google Maps sagte es geht. Also beschloss ich für die Etappe heute, ich mach es möglich. Mir war nicht danach, ins Hinterland zu fahren. Der erste Test kam nach 30km. Bis dahin ging es relativ lang auf mehrspurigen Straßen raus aus Málaga. Das war eher stressig. Dann folgten Strandpromenaden durch die Urlaubsstädtchen, wie z.B. Torremolinos. Das war eher ganz nett.
Ab 30km bin ich dann entgegen den Richtungsanweisungen von meinem Elemnt, immer so nah wie möglich am Strand geblieben. Da waren Stege und auch fahrbare Wege, die nicht verzeichnend waren - sehr schön muss ich sagen. Irgendwann ging dieser Weg direkt neben die Leitplanke der Autobahn. Da mir Spaziergänger und auch Radfahrer entgegen kamen, bin ich weiter gefahren. entlang. Da habe ich gelernt, dass, warum auch immer, an dieser Autobahn ein kleiner Asphaltstreifen direkt neben der Leitplanke lang geht. Da zu fahren funktionierte recht gut und stimmte mich zuversichtlich, die gemäß Komoot unfahrbare Strecke vor Málaga zu bewältigen. Als nach knapp 50km die Aufforderung kam, ins Hinterland zu fahren, bin ich in der Nähe der Autobahn geblieben. Irgendwann musste ich mich für den Streifen links oder rechts der Autobahn entscheiden. Ich nahm den linken.
Der war sehr eng und die Beleuchtungsmasten, Verkehrsschilder, Pflanzen und ähnliches machten es anstrengend. Drei kleine Challenges kamen dann doch noch. Einmal ging die Leitplanke nicht auf und ich war im Dreieck der Leitplanken von Autobahn und Abfahrt gefangen. Da musste ich das Rad drüber heben. Das zweite mal ging die Autobahn über einen Fluss und die Brücke brauchte Platz. Zuviel Platz. Hier musste ich die Taschen abhängen und diese, sowie dann das Rad, tragenderweise durch den Engpass schleppen. Ein weiterer Engpass war dann nochmal ein Bushaltestelle, die so eng in die Lücke neben der Leitplanke eingepasst war, dass nichts durch gepasst hat. Da hat mir freundlicherweise ein Spanier geholfen, das Rad quasi über die Leitplanke entlang, zu tragen. Dann kam endlich wieder ei schöne Holzsteg am Strand, den ich über ein Fussgängerzugang erreichen konnte. Puh - geschafft.
Im Fazit muss ich sagen, dass Komoot recht hatte. Das war nicht zu fahren. Aber ich war erleichtert, dass ich es versucht und geschafft hatte. Offen ist, ob ich auf der rechten Seite hätte durchfahren können. Heute war es auch richtig warm, weit über 30 Grad. Da hätten mich zusätzlich 600HM richtig viele Körner gekostet.
Jetzt hänge ich hier an der Bar im Hotel rum, schreibe mein Blog und gerade findet eine Invasion der Engländer statt. Die sind hier an der Costa de Sol klar in der Überzahl. Ist mir schon aufgefallen, als ich am Strand lang fuhr. Da wurde englisch gesprochen und zwar alle Dialekte der Insel.
Also, man muss auch mal was riskieren. Wer nix wagt, der nix gewinnt. Die Binsenweisheit ist fast schon 5 Euro für ein Sparschweinchen wert, daher gehe ich da mal nicht näher drauf ein. Jetzt plane ich mal lieber für Marokko. Ich muss mich um die Fähre kümmern, schauen, dass ich genug Bargeld zum wechseln dabei habe. Und um einen Mobilfunktarif sollte ich mich auch kümmern.
Hasta mañana.
So, Tag 5 der Woche 7 ist rum. Ich bin nach wie vor in Málaga und morgen geht es weiter nach Marbella. Die Überfahrt nach Marokko rückt also immer näher. Aber da kümmere ich mich ab morgen im Detail drum.
Heute ist ein komischer Tag. Es ist der 1. Oktober und die Hälfte meines Sabbatical ist schon rum. Irgendwie ging es dann doch schnell. Meine Familie ist gerade auch wieder in den Alltag nach Deutschland abgereist und ich bleibe traurig zurück. Ist irgendwie seltsam, da ich bei schönem Wetter dem Herbstalltag entkommen kann, fühle ich mich trotzdem traurig. Heimat und daheim sein, fehlt dann doch irgendwann. Mal sehen, wie lange das Gefühl anhält. Hätte eher gedacht, dass Neugier und Anspannung steigen, je näher ich Afrika komme. Gegebenenfalls ist aber auch etwas Angst und Respekt dabei. Ob ich etwas Angstpipi in der Hose habe, wenn ich mit dem Schiff in Tanger ankomme, um mit den Worten von Star-Lord zu sprechen? Die Insider wissen wer das ist. Bis dahin sind es aber nochmal 140km, hoffentlich nur an der Küste entlang. Google sieht das optimistisch. Komoot will mich an über 500m hohe Berge im Hinterland schicken. Da muss ich nochmal ran. Aber lieber schiebe ich das Rad am Strand entlang, statt 1000HM zu fahren. Übersetzen werde ich dann mit der Fähre, die legt von Algeciras ab.
In der Galerie sind heute eher die Kleinigkeiten von Málaga festgehalten. Ist immer wieder interessant zu sehen, wie groß de maurische Einfluss in Spanien ist. Architektonisch gesehen, überdauert dieser alle Zeit. Alcazaba, die maurische Burg, die über Málaga thront, ist ein Abstecher wert. Die vielen Details in der Innenstadt und den kleinen Gässchen, machen eine kleinen Rundgang hier auf jeden Fall kurzweilig. Man sollte nicht vergessen nach oben zu schauen.
Jetzt geht es nochmal in die Innenstadt. Danke Facebook hat sich rausgestellt, dass einen alte Klassenkameraden ebenfalls in Málaga ist. Gesehen haben wir uns wohl das letzte Mal vor 30 Jahren. Wobei ich es gar nicht mehr genau weiß. Das wird also sicherlich ein interessanter Abend.
Hasta mañana.
So, Tag 4 der Woche 7 ist rum. Heute, genau wie morgen, steht ja Málaga auf dem Programm. Daher werden es heute 0 Radkilometer, aber deutlich über 20000 Schritte.
Was soll ich sagen, das Wetter ist exzellent und Málaga eine schöne Stadt. Eingerahmt von Gebirgsketten liegt sie am Meer und zieht viele Touristen an. Was ich nachvollziehen kann. Die Stadt ist nicht sehr groß. Das Zentrum und der Kern der Stadt, sind ringsum um den Hafen angeordnet. Die Innenstadt mit den Marmorboden macht einen sehr sauberen und gemütlichen Eindruck. Die Kathedrale, die Einarmige genannt, mach trotz fehlendem zweiten Turm, einen grandiosen Eindruck. Das Castello passt auf den Berg und die Gärten und Promenaden runden den Eindruck ab. Ebenso gibt es im Zentrum viele Details zu bewundern. Wie zum Beispiel schön gestaltete Balkone und Fenster. Am schönsten finde ich die Restaurants direkt am Hafen. Hat irgendwie was, da zu essen. Und das Klima ist fast ganzjährig sehr angenehm. Man kann da fast immer draußen sitzen. Eine gemütliche Runde mit dem Riesenrad ist auch schön. Drei Mal ging es rum und das zum vernünftigen Preis, ist zwar 20m kleiner als das London Eye, aber bietet auch einen schönen Blick.
Zur gemütlichen Erholung bietet sich Málaga echt an und da es einfach und günstig per internationalen Flughafen zu erreichen ist, im Umkreis von 80km attraktive Ziele liegen, muss ich das unbedingt im Auge behalten. Da kann man immer mal schnell ein Wochenende ausspannen.
Ich genieße es sehr und freue mich auf einen weiteren gemütlichen Abend am Hafen. Genauso hatte ich mir die Erholung hier vorgestellt. Mehr gibt es auch heute nicht zu schreiben. Hasta mañana.
So, Tag 3 der Woche 7 ist rum. Uff, geschafft und ich bin geschafft. Ich habe Málaga wie geplant erreicht. Das war heute ein schönes Stück Arbeit, mich durch das Hinterland von Málaga zu kämpfen. Bzw. musste ich erstmal von Antequera hoch in das El Torcal Naturschutzgebiet. Es ging gleich vom ersten Meter an berghoch. Nach 2,5km kam mal eine kleine Erleichterung mit 60m bergab. Das hat mich aber fast schon geärgert, da ich auf fast 1000m hoch musste und da will man gewonnene Meter nicht aufgeben. Nach 11,5km kam ich dann oben an, 953m über NN. Gestartet war ich bei ungefährt 500m.
500HM auf 11km war bisher meine längste bergaufwärts Fahrt. Zusätzlich hatte ich die erste Stunde noch brutalen Gegenwind und das Wetter wurde immer schlechter. Dementsprechend war ich richtig happy, als ich oben ankam. Das Bild habe ich erst gemacht, nachdem ich mich umgezogen hatte. Es war weiterhin windig und nur 15 Grad, die sich wie 5 Grad angefühlt hatten. Das zweite Bild zeigt das El Torcal Massiv von unten und Norden kommen, da musste ich quasi rüber.
Aber ich habe mich ein wenig zu früh zu viel gefreut, nur 500HM von meinen letztlich 870HM waren zum Zeitpunkt überwunden. Und es kam u.a. nochmal eine Härteprüfung, eine 20% Prozent Rampe. Die konnte ich nicht fahren. Beim vorbeifahren, habe ich noch mit dem iPhone das Bild geknipst und dann war Ende. Ich habe die Kurbel nicht mehr rumgebracht. Das Rad und die Ausrüstung sind so schwer, dass schieben auch eine schweißtreibende Angelegenheit ist. Das war heute also wie gesagt hart, auch weil ich ja schon mit dicken Beinen gestartet war. Aber mein Kopf war gut und das war die halbe Miete.
Trotz des lausigem Wetters heute, das glücklicherweise im besser wurde, war die Strecke sehenswert und attraktiv. Wenn man auf solche Landschaften steht, kann man öfter an Aussichtspunkten stehen bleiben und die Umgebung genießen. Ich habe nicht unbedingt die schönsten Views erwischt, aber die Fotos sind m.E. auch eine gute Repräsentation der Spezifika.
Denken konnte ich heute quasi nichts. Berghoch habe ich wieder auf meine Gedankenspiele zurückgegriffen, die mir helfen, stetig nach oben zu strampeln. Und die Berge runter war ich hochkonzentriert. Puh, da darf dir keine Bremse versagen, dass wäre bitter. Ich hab es auch nicht richtig krachen lassen, 55km/h war das höchste der Gefühle und auch nur, wenn ich die Serpentinen übersehen konnte.
In Málaga kam ich wieder auf den Radweg, den scheinbar jede größere spanische Stadt angelegt hat, damit Radler die Innenstadt erreichen können. Da musste ich aber mehr als hellwach sein. Die Málagueños akzeptieren den Radweg, der sich sehr klar farblich abhebt und auch mit dem notwendigen Platz ausgestattet ist, scheinbar nicht als solchen. Egal, ich bin immer wieder glücklich, dass es ihn in spanischen Städten gibt und er mich (recht) sicher in die Innenstadt führt.
Heute hat sich wieder gezeigt, wie wichtig de Kopf ist. Seit zwei Tagen war ich ja nicht mehr richtig frisch und ich wusste das heute hart wird. Da mein Kopf die Situation angenommen hat, hatte ich kein einziges Mal negative oder destruktive Gedanken. Ich bin jeden Abschnitt mit Zuversicht angegangen und selbst der Wind, der mich teilweise fast vom Rad geweht hatte, konnte mich nicht aus meinem Fokus bringen. Über die mentale Einstellung und deren Bedeutung werde ich die Tage sicherlich nochmal nachdenken. Aber eins ist klar, Kopf schlägt Körper.
Meine Beine sind jetzt steinhart (die Steigerung von ungarischen Salami), aber sie
bekommen ja zwei Tage Pause. Die brauche ich auch sowieso, nachdem ich die letzten sieben Tage durch gefahren bin. Mal sehen was ich morgen über Málaga schreiben kann. Hasta Mañana.
So, Tag 2 der Woche 7 ist rum. Heute habe ich mich nicht gut gefühlt. Die Beine sind schwer und ich fühle mich matt. Ich muss aber morgen noch über knapp 1000m über NN, um nach Málaga zu kommen. Das schöne ist, dass ich dann zwei Tage Pause mit Familie genießen darf. Aber wie gesagt, vorher muss ich hoch und das mit Beinen, die sich anfühlen, wie die berühmte Salami aus Ungarn.
Ich stelle mich mental mal darauf ein, dass es härter wird als heute und da musste ich auf 76km und knapp 600HM, nur einen langen Anstieg von knapp 5km nach oben fahren. Die Form und wie man sich fühlt, ist wohl einem Rhythmus geschuldet und nicht immer gleich. Geschickt wäre, wenn man das mit Pausentagen zur richtigen Zeit mitigieren könnte. Aber das klappt wohl vom Timing nicht immer. Ich werde versuchen lang zu schlafen, damit mein Kopf zumindest frisch ist. Schlechte Beine, kombiniert mit schlechter mentaler Verfassung, ist keine gute Kombination für eine anstrengende Etappe.
Im Moment bin ich in Antequera. Das Hotel heißt auch so und es sind viele Engländer hier. Es kann, glaube ich, auch nur eine Engländerin an der Bar stehen und sagen, dass sie schon den ganzen Tag Weißwein trinkt, aber das Glas jetzt sei einen fingerbreit weniger voll, als die alle zuvor. Ich musste grinsen, genauso wie die Bardame, aber das ist eine andere Story.
Bis ich hier angekommen bin, hat sich die Landschaft fast nicht geändert. Ein runder Hügel nach dem Anderen und Olivenbäume ohne Ende. Faszinierend. Muss ich aber nicht mehr ausführen. Da habe ich die Tage schon mehrfach darüber geschrieben und so langsam wird es auch öde. Daher habe ich heute auch eigentlich keine Fotos gemacht. Nach einem 1,5km langen Anstieg, musste ich Pause machen und war auch etwas geschafft. Das war nach ca. 40km und das spartanische spanische Frühstück war vollkommen verbrannt. Die Spanier sind noch schlechtere Frühstücker, als die Franzosen. Egal, ich habe mir eine Banane reingezogen und ein Bild von dem Städtchen (und von mir) geknipst. Ist m.E. recht typisch für die Gegend, wobei manche Städtchen vielleicht noch weiser sind, aber egal, ist dokumentiert.
Zwei Dinge haben mich heute beschäftigt. Erstens habe ich kontinuierlich an meiner mentalen Einstellung für die Etappe heute gearbeitet. Mit allen möglichen Gedankenspielen. Wieviel bin ich schon gefahren, ich habe schon fast ein Drittel, gleich habe ich die Hälfte. Der lange Anstieg ist nicht steil. Schau mal, das war schon 1km bergauf. Rhythmus ist alles, wenn man bergauf fährt. Immer schön schalten. Kein falscher Ehrgeiz und jetzt nicht im großen Gang das steilere Stück drücken. Wiegeschritt muss nicht sein. Schön rund fahren. Das Bein und der Fuß müssen drücken, ziehen und schieben und eine runde saubere Bewegung bilden. Ist eine gute Technikübung. Und so weiter.
Wenn es gerade ausging, ging mir das Champions League Spiel von Bayern gestern Abend durch den Kopf. 3:0 war schmeichelhaft, die hätten auch 5:0 verlieren können. Hinten war sie schlecht aufgestellt und vorne sah es mehr nach Zufall aus. Puh, das ist nicht das Bayern der letzten Jahre. Herr Ancelotti macht keine glückliche Figur. Ich musste auch dauernd an sein Buch denken. 'Quiet Leadership - wie man Menschen und Spiele gewinnt'. Ich habe das Buch nicht gelesen. Hm, gewonnen hat er eher weniger in der Vergangenheit und wie ich gerade gelesen habe, hat er seinen Job verloren. Was mir aber gar nicht in die Birne geht, ist diese 'quiet leadership'. Und der Typ ist Italiener und Fußballtrainer. Beides hat aus meiner Sicht wenig mit Ruhe zu tun. Ich hab etwas gegoogelt und ich weiß was er mit Ruhe meint. Aber wie auch immer, eine besonnene Art zu handeln und die berühmte 'Ruhe' zu wahren, kommt mit der Erfahrung und sind wichtige Eigenschaften. Darauf aber einen Leadership Stil aufzubauen, finde ich zu wenig. Auch wenn man authentisch in der Art seines eigenen Stils sein sollte und nicht jeder ein Jürgen Klopp sein kann, braucht es im Fußball und auch in einigen Business Funktionen, etwas Extrovertiertheit und Emotionalität, um die Mannschaft zu bewegen. Ich denke viele Spieler wollen und brauchen keine ruhige Analyse und Besonnenheit - schon gar nicht in der Halbzeitpause. Da brauch es Leidenschaft und eine Ansage, die die intrinsische Motivation eines jeden mobilisiert. Ist so. Der Erfolg von Klopp, Tuchel, Nagelsmann, Pepe, Conte, Mourinho, etc. kommt ja nicht von ungefähr. Die bringen alle extrem viel Leidenschaft mit und alle haben die Eigenschaft auch die Spieler wirklich zu erreichen. Ok, manchmal geht es nach hinten los. Aber es kann nicht immer für alle passen. Aber bei den genannten Beispielen passt es für die Majorität.
Die Anforderungen an Leadership sind vielfältig, und es gibt viele Ausprägungen. Aber ohne die Leidenschaft und sind die analytischen und vielen weitere notwendige positive Eigenschaft am Ende wenig wert. Wenn man dauerhaft erfolgreich sein will und dazu andere Menschen braucht und regelmäßig mobilisieren muss, geht das nicht ohne Leidenschaft, die Mann transportieren kann. Das ist im Berufsleben auch so. Wenn ein Leader seine Leidenschaft nicht in die Mannschaft übertragen kann dann bewegt er auch nichts.
Naja, der Hr Ancelotti ist Geschichte für die Bayern. Schauen mehr mal, wer da jetzt kommt und was wirklich in der Mannschaft steckt.
Ich jetzt gehe ich essen und versuche nicht an morgen zu denken.
So, Tag 1 der Woche 7 ist rum. Manchmal denkt man, es ist immer wieder das Gleiche. Ist es aber nicht. Es ging heute weiter durch Olivenbäume, es hätte aber nicht unterschiedlicher zu gestern sein können. Btw. es soll 300 Millionen Olivenbäume in Spanien geben. 44% Prozent des weltweiten Olivenöls kommt aus Spanien. Und aus Andalusien kommen 80% der spanischen Oliven. Das sind beeindruckende Zahlen. Und ich musste das heute googeln, da mich die Ausmaße der Felder so fasziniert haben. Ich fahre da ja schon ein zeitlang hier rum und habe mal den Ausschnitt, den ich durchfahre, im Vergleich zu Rheinhessen, meiner Heimat betrachtet. Rheinhessen ist das größere Weinanbaugebiet in Deutschland, aber im Vergleich zum Olivenanbaugebiet in Andalusien, ist es es nahezu winzig.
Auf jeden Fall rolle ich heute morgen los, naja, es ging erstmal bergauf, aber dann ging es gleich schon auf einen kleinen Weg. Nach meinen Erfahrungen von gestern, war ich skeptisch. Als ich dann sah, dass der nächste Hinweis zum Abbiegen in 53,9 km kommen sollte, wollte ich es nicht glauben. Nochmal in Worten: 'dreiundfünfzigkommaneun' Kilometer ohne Kurswechsel. Ich war sicherlich 15km lang sehr skeptisch und hatte Angst, dass sich der einigermaßen akzeptable Asphalt (manchmal auch etwas Kies) verschlechtern könnte. Nach zwei langen Tunnel und der glaube ich 4. langen Brücke (alte Stahlkonstruktionen) sind mir die Holzschwellen und die Abdrücke auf diesen bewusst geworden. Das war eine alte Eisenbahnstrecke und die Spanier haben daraus einen Radweg gemacht. Als ich das realisierte, ging es mir nur noch gut heute. Erstens, der Weg wird in dieser Qualität bleiben. Zweitens, und wesentlich wichtiger, es wird keine steilen Abschnitte geben. Und so war es auch. Von meinen 65km heute, waren 63,5km auf diesem Radweg und morgen geht es nochmal 21km auf diesem weiter. Der Weg heißt Via Verde del Aceite und ist einer von vielen spanischen Radwegen auf alten Bahntrassen. Der Aceite ist aber der mit Abstand längste dieser Radwege. So macht es natürlich viel mehr Spaß und es wurden statt geschätzten 1000HM, letztlich nur 360HM. Dafür haben die unzähligen Brücken und auch der Zickzack Kurs die vielen Hügel hoch gesorgt. Witzig fand ich das Schild, das weder Hunde noch Pferde oder Jäger auf dem Weg erlaubt sind. Leider blieb das Schild irgendwann aus. Die Hunde und Pferde haben mir keine Sorgen bereitet. Die Jäger schon. Der Andalusier ist neben Olivenbauer auch leidenschaftlicher Jäger, habe ich gelesen.
Nach 55km kam ein alter Bahnhof, bzw. ein ehemaliger Bahnhof, der heute ein Restaurant ist und auch eine kleine Touri-Falle. Es gibt nämlich auch ein Souvenirladen, der u.a. das lokale Olivenöl verkauft, zumindest wird damit geworben.
Als ich da ankam war gähnende Leere. Fast zeitgleich mit mir kam ein Pärchen an. Ich habe auf Deutsche getippt - lag aber falsch. Die beiden kamen aus Salzburg. Wir kamen ins quatschen und haben zusammen einen Mittagssnack genommen. Ich hatte einen Ensalata Mixta und die Beiden Kalorien in flüssiger Form. Auf jeden Fall war das eine nette Begegnung und wir haben schön gequatscht. Von den Beiden wusste ich dann auch von der bekannten Bahntrasse, bzw. dass der Bahnhof in Reiseführern steht. Und kaum haben wir darüber geredet wurde es bumsvoll. Wird wohl nicht der einzige Reisebus gewesen sein, der da heute gehalten hat.
In weiteres Novum war der kleine See (mit Wasser, andere Lagunen waren furztrocken) und dass heute die Sonne ausblieb. Als ich hier in Doña Meníca ankam, hat es auch ein paar kleine Tröpfchen geregnet. Kommt hier auch nicht alle Tage vor. Leider soll es auch die Tage nicht viel besser werden. Naja, schauen mer mal, zum radeln ist es zumindest etwas angenehmer.
Die Hirnaktivität war heute auch nicht so ausgeprägt und meine Beine sind auch wieder eher ungarische Salami. Die letzen Tage merke ich schon. Daher bin ich das ganze heute langsam angegangen. Das hat auch gut funktioniert. 117er Puls im Durchschnitt, war echt eine Erholung im Vergleich zu gestern. Das ist auch gut so, weil bis Málaga sind es zwar nur noch 140km, aber auch 1400HM. Auf jeden Fall war meine mentale Leistung synchron zu meiner körperlichen Anstrengung. Das einzige was mir noch durch den Kopf ging, ist die Konsequenz aus der Wahl. Irgendwie drängt sich mir der Eindruck auf, dass es nach der Wahl intensiver zugeht, als während des Wahlkampfes. Sowohl die Parteien treten aggressiver auf, siehe Nahles. Aber auch in den sozialen Medien gibt es viel mehr politische Aktivität, meist gegen die AFD. Bin mal gespannt wie lange das anhält. Wünschen würde ich mir mehr inhaltliche Debatten, statt des Bashing. Und nicht jeder, der es mit der AFD hält, ist ein Nazi. Aber dazu neigt der Mensch. Vieles wird simplifiziert und in Schubladen gesteckt. Eines habe ich aber gelernt im Leben. Nichts ist einfach. Selbst sowas banales wie eine längere Radtour ist nicht einfach. Vieles ist meist komplizierter, aufwändiger und hat Konsequenzen, die man oft nicht sieht. So ist es auch in der Politik. Um den Wähler zu erreichen wird simplifiziert und man versucht was auf den Punkt zu bringen, obwohl die Dinge immer viel komplizierter sind. Man muss sich einfach nochmal den Brexit in Erinnerung rufen. Mit einfachen Slogans wurden viele verführt und beim zweiten und dritten Mal Nachdenken wurde vielen erst klar, was die Konsequenzen sind.
Politiker zu sein und ein Regierungsauftrag zu haben, ist mit das kompliziertes was man so tun kann. Erst Recht, wenn man es ernst meint und was zum Guten verändern will. Also, ab und zu mal debattieren und andere Standpunkte anhören, man kann immer nochmal neue Dinge oder zumindest neue Facetten kennenlernen.
Damit lasse ich es für heute mal sein. Hasta Mañana!
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Wolfgang (Samstag, 30 September 2017 11:42)
Super,dass du gesund angekommen bist. Grüsse mir deine lieben.
Alles gute auf deinem Weg durch Nordafrika. Pass auf dich auf.
Justus (Mittwoch, 04 Oktober 2017 10:13)
Wow, Respekt! Viel südlicher kann man auch in ganz Europa gar nicht mehr sein. Auf dem Sprung nach Afrika, Wahnsinn!!! Bei all dem Antrieb den Dir Dein Ziel verleiht, möchte ich Dir einen Satz für Afrika mit auf den Weg geben, den mir eine liebe Freundin "geschenkt" hat: Man merkt nie, was schon getan wurde, man sieht immer nur, was noch zu tun bleibt. (Marie Curie). Ich freue mich aufs Weiterlesen. Viel Glück!