Woche 9 (11.10 - 17.10.2017)

So, Tag 7 der Woche 9 ist rum. Damit ist sowohl die Woche, als auch meine Reise vorbei. Ich bin wohlbehalten in Deutschland angekommen und es lief auch alles nahezu reibungslos. Der Blog kommt leider einen Abend später, da ich gestern keine richtige Muse mehr hatte und im aktuellen Buch von Dan Brown gefangen war. Ich bin bekennender Dan Brown Fan und habe den ersten Roman von ihm schon 2003 gelesen, das war The Da Vinci Code. Der Reisetag gestern hat sich angeboten das neue Buch anzufangen und ich kam nicht mehr davon los. Das Buch behandelt brandaktuelle Themen und ob man nun Dan Brown mag oder nicht, das Buch regt sehr zum Nachdenken an. Keine Angst, ich werde nichts Spoilern. 

Am Abreisetag bin ich wieder früh aufgewacht und gemütlich in den Tag gestartet. Zum Frühstück gab es Cappuccino, der war viel besser als der dünne Kaffee die Tage davor. Die Reichhaltigkeit des Buffet sorgte für eine guten Start. Danach ging es ans packen und als ob ich es ausgemessen hätte, mein Zeug ging gerade so in den Koffer. Da noch genügend Zeit bis zur geplanten Abfahrt war, habe ich meinen Standort richtig Pool orientiert und bei leichter Sonne am Morgen gemütlich mit dem oben genannten Buch angefangen. Diese letzte Stunde konnte ich nochmal richtig genießen, bevor es nach einer Dusche zum Check Out ging. Um 11:30 Uhr war ich pünktlich mit Sack und Pack bereit für den Transfer zum Flughafen. Doch weder der Concierge, mit dem ich den Transfer ausgemacht hatte, noch ein entsprechendes Taxi waren zu sehen. Mehrfaches Nachfragen und Drängen war notwendig, bis endlich, mit 30min Verspätung, das gebuchte Großraumtaxi auftauchte. Zum Glück hatte ich genug Zeit eingeplant, auch für die nächsten Hürden. 

In den Flughafen rein kam ich auch nur nach einer Wartezeit, ohne Scan darf nämlich nichts in das Flughafengebäude in Marrakech. Mein Rad ging nicht durch den Scanner, was eine weitere Wartezeit verursachte. Ich wusste nicht worauf ich wartete und drängelte wieder bei den Beamten am Eingang. Irgendwann kamen dann die Jungs mit den Hunden und dann war mir klar wie es läuft. Das Beschnuppern ging sehr schnell, aber der Hundeführer wollte unbedingt, dass ich die Fotos lösche, die ich geknipst hatte. Die Löschung demonstrierte ich vor seinen Augen, die Wiederherstellung dann aber nicht. Nächste Hürde war dann der Lufthansa Check In. Es gab keine Weg an dieser dämlichen Folienverpackung vorbei, da war Lufthansa konsequent. Also nochmal retour und Rad wrappen lassen. Leider hat das einige Schäden verursacht, da muss ich morgen mal ran und ich befürchte ohne Werkstatt wird es nicht gehen. Der Flug war angenehm und pünktlich und in Frankfurt kamen sowohl Koffer als auch Rad, zügig im Gepäckbereich an. Schwups war ich zu Hause. 

Dann folgte der "Lesetag". Der hat mich natürlich noch nicht so richtig ankommen lassen. Morgen sollte ich mal anfangen, richtig anzukommen und zu überlegen, was ich jetzt noch zwei Monate machen kann. Bin für Vorschläge offen, da ich derzeit noch keine Idee habe. Mit dem Sortieren von Fotos und der Nachbereitung meiner Reise will ich mir noch etwas Zeit lassen. 

So, das war es also. Für mich ist eine "Once in a Lifetime" Erfahrung zu Ende. Würde ich es nochmal tun. Ja, aber alleine will ich so was so schnell nicht nochmal machen. Manchmal war das Alleine sein die größte Herausforderung, besonders in Marokko. Aber kürzere Reisen, mit Kumpels kann ich mir sehr gut vorstellen. Und etwas Erfahrung kann ich ja dann auch mit einbringen. 

Somit verabschiede ich mich aus dem Blog. Danke an alle Leser. Viele Kommentare, die meisten kamen per Mail, WhatsApp und Facebook, taten oft sehr gut und haben motiviert. Daher möchte ich mich an dieser Stelle für alle Kommentare nochmal herzlich bedanken. 

Euer Dirk! 


So, Tag 6 der Woche 9 ist rum. Heute war der entspannteste Tag meiner gesamten Reise. Bin etwas früh aufgewacht, was aber egal war und habe gemütlich gelesen und dann ausgiebig gefrühstückt. Das Frühstück ist hier vielfältig und lecker. Auch die marokkanischen Suppe schmeckt mir morgens schon, nur der Kaffee ist nicht so lecker, da muss ich es morgen früh mit Espresso versuchen. 

Nach dem ich satt war ging es mit dem Müßiggang weiter und ich habe mich in mein Buch vergraben. Kurz vor Mittag ging es auf in die Innenstadt. In die Stadt rein nahm ich ein Taxi. Trotz Verhandlung musste ich 50 Dirham dafür rausrücken. Der Taxifahrer hat mir auch nicht einen zufälligen Stopp erspart, bei dem mich dann zufällig ein Mann durch das Autofenster angesprochen hat. Die Medina sei zu gefährlich, ich würde einen Guide brauchen, er sei zufällig einer. Ich muss zugeben, das war im sauberem Englisch vorgetragen. Ich habe aber freundlich dreimal Nein gesagt, naja zweimal freundlich. Die Medina war heute voller, insbesondere der große Marktplatz, bevor es in das Gewirr reingeht. Wesentlich mehr Schlangenbeschwörer mit ihren Kobras und obligatorischen Pfeifen, arme Affen, die den Touristen die Hand schütteln mussten, wenn ihr Quäler ein paar Dirham bekamen, wesentlich mehr Henna-Tattoomalerinnen und auch, meist Männerpaare, in traditioneller Berberkleidung, die per Foto kassieren und ich tippe auf an die 50 Pferdegespanne am Eingang vom Marktplatz, deren Fahrer dringend nach Fahrgästen suchen. Alle kämpfen um ihr Auskommen und um die Aufmerksamkeit der Touristen, bzw. Deren Geld. Glücklicherweise gibt es genug Touristen, die was erleben und erstehen wollen. Heute kam mir es noch etwas aggressiver vor, alle 5m quatscht dich einer an und ruft Dir was zu. Egal, das gehört hier dazu und mit etwas mehr Gelassenheit nimmt man noch mehr von der Umgebung und Vielfalt wahr. 

Nach meiner Dosis Orient bin ich zum Hotel zurückgelaufen. Geht mir nicht um ein paar Euro hin oder her, dafür habe ich in letzter Zeit genug ausgegeben. Aber 50 Dirham war vor ein paar Tagen, mehr als mein Frühstück und Abendessen gekostet hätten. Dafür wollte ich nicht die 3km gefahren werden. 

Da heute marokkanisches Poolwetter war, es war 30 Grad bei geschlossener Wolkendecke, habe ich den Nachmittag am Pool verbracht und gelesen. Das war völlig entspannt und angenehm, man merkt, dass das hier keine Badehotel ist. Anschließend wurde mein Rad von mir reisefertig verpackt. Jetzt steht nur noch das Abendessen aus, dazu werde ich in diesem riesigen Hotel wieder den idyllischen Weg zum Restaurant nehmen, siehe Bild. Und Zack ist der Tag vorbei. Irgendwie bin ich gar nicht zum Nachdenken oder zur Reflexion gekommen und finde es gut so. Das wird kommen und ich werde es nicht vermeiden können. 

Morgen geht der Flieger nach Hause. Ich freue mich jetzt auf die Heimat und abends, wenn ich zu Hause bin, stelle ich nochmal einen Blog rein. Mal sehen ob mir im Flieger was in den Kopf schießt.  

So, Tag 5 der Woche 9 ist rum. Nachdem das gestern gefühlt für mich der längste Tag des Jahres war, wurde die Nacht auch lange. Gestern war der Ironman Hawaii, den ich seid mehr als 10 Jahre immer live verfolge. Das war dann der längste Tag für die Profis und Age-Grouper in Kona. Es hat wieder ein deutscher Athlet gewonnen. Jan Frodeno war der haushohe Favorit, er hatte aber starke Rückprobleme und konnte den Marathon nicht richtig angehen und lag mehrfach auf dem Boden. Er hat gefinished und Sportsgeist bewiesen, aber mit einer Marathonzeit von über 4h war er natürlich chancenlos. Ich bin bekennender Sebastian Kienle Fan und ich dachte bis zur Hälfte des Marathons, dass er es schaffen kann. Er lag auf dem zweiten Platz und holte gerade auf den in Führung liegenden Kanadier auf. Dann kam für ihn der Mann mit dem Hammer und er wurde nur 4. Patrick Lange kam wie letztes Jahr von hinten angerauscht und hat, nach dem 3. Platz letztes Jahr, dieses Mal das Ding gerockt. Wiederum mit einer Marathonzeit von unter 2:40h, reichte es zum Kona-Streckenrekord und zum Sieg. Das war erst sein 4. Ironman überhaupt - Wahnsinn. Ich glaube ich muss mich nochmal an sowas probieren. Schauen mer mal.

Gegen 7:45 Uhr bin ich nach wenig Schlaf aufgewacht und wusste meine Reise ist zu Ende. Mission completed und ich wollte nach Hause. Das war mir auf einmal so klar, dass ich noch im Bett einen Flug für Dienstag nach Hause gebucht habe. 

Inklusive der Testreise war ich dann 70 Tage 'on Tour'. 4370km habe ich zurückgelegt und unendlich viel gesehen. Mein Bauch sagt mir, dass es genug ist. Marrakech ist der Höhepunkt meines Abenteuers und wie sich heute gezeigt hat, ein sehr würdiger. Zwei Stunden in der Medina rumzulaufen ist sehr aufregend. Das ist ein Welt für sich und Bilder können leider nicht die Atmosphäre transportieren. Es ist für jeden so, wie er sich eine orientalische Welt vorstellt. Es gibt soviel zu sehen und wahrzunehmen, dass jeder sein eigenes Bild generieren kann. Ich habe alles einfach nur aufgesogen, in meinem Kof abgespeichert und mich nicht zu irgendwas verführen lassen. Weder zu einer Rundfahrt, zu einer Schlangennummer, zu einem Gerbereibesuch, einem Henna-Tattoo, einem Teppich, einer Sonnenbrille, einem Armreif, einem Kaftan, Schilkrötenstreicheln, Mittagessen, Taxifahrt, Hut, Taschentücher, ... Hier gibt es eine sehr große Ansammlung von pro-aktiven Hardcore Verkäufern. Die Konkurrenz ist aber auch gewaltig, da die dunklen Gänge durch den Markt scheinbar unendlich sind. Die Anbieter der gleichen Waren sitzen ja auch zusammen und haben sich immer gegenseitig immer Blick. Da muss halt jeder schauen woher bleibt. So eng es auch ist, Mopeds fahren da trotzdem durch, ebenso die Berber-Taxis, so heißen die Eselkarren wurde mir gesagt. Wer hier noch nicht war, sollte es ich auf seine Bucketliste schreiben. Marrakech ist eine Reise wert und der Flug dauert keine 4h und günstig ist es hier auch. 

Mal sehen, was ich morgen noch anschaue. Heute stand nur noch Koffer kaufen auf der Liste. Dazu habe ich viel Verpackungsmaterial im Kofferladen abgestaubt. Zusammen mit Klebeband vom Carrefour wird mein Rad transportsicher verpackt. 

So, jetzt lass ich die beiden letzten Tage setzen. Die Reise ist fast vorbei, was sicherlich schwer wird zu realisieren und eine Umstellung bedeutet. Es gibt aber auch viel nachzuarbeiten. Jeder Tag war so voll mit Eindrücken und Erlebnissen, dass muss ich mal sacken lassen. Glaube das waren 2 Jahre, gelebt in 10 Wochen. Morgen dazu mehr.  

So, Tag 4 der Woche 9 ist rum. Geschafft, um 15:30 Uhr bin ich an meinem Hotel in Marrakech angekommen. Yeeesssss. 

Die Nacht in meiner 9 Euro Bude war mehr als bescheiden. Die Klimanalge, dass offene Fenster, war sehr laut und auch während der Nacht würde es nicht leiser. Da haben die rumstreunenden Hunde den Lärmpegel hoch gehalten. Um 5 Uhr bin sehr unausgeschlafen aus dem Bett und um 6 Uhr war ich auf der Straße. Es war noch bis 7:15 Uhr dunkel, aber dank meines guten Lichtes konnte ich gut sehen und wurde auch gesehen. Es war 20 Grad und es hat sich herrlich kühl angefühlt. Nach 3h hatte ich leider für ungefähr 3h starken Gegenwind. Das war doppelt hart, da es da ausschließlich berghoch ging. Ich musste über 520m über NN rüber und kam von 180m. Da habe ich wieder viele Körner lassen müssen. Leider war es mehr kämpfen als genießen. Wie auch immer, ich war strikt. Es gab nach 1:15h immer so 10min Pause, dann ging es weiter. 8 kleine Bananen, ein Stück Kuchen und ungefähr 6 Liter Flüssigkeit waren notwendig. Die Aussicht während der Fahrt war relativ langweilig. Staubtrockene Felder, Steine und sonst nichts. An Tieren gab es nur Schafe. 

Durch Marrakech war es dann nochmal schwer, da es wieder bergauf ging und die Temperatur ihren Peak hatte. Auf meinem Tacho, der leider nach 8h ausgestiegen war, waren es bis 47 Grad. Das liegt aber auch an der direkten Sonneneinstrahlung. Egal wie viel es waren, es war heiß. Heute habe ich aber im Vergleich zu gestern wesentlich mehr getrunken. Mein Körper hat mich nicht im Stich gelassen und nach 9,5h war ich am Hotel. Dieses Mal die 100 Eiro statt die 100 Dirham Variante. Das habe ich mir verdient, daher ist das Bild beim Einchecken, das Bild des Tages geworden.

Die Nettofahrtzeit heute Betrug 8h21min. Zurückgelegt habe ich in der Zeit 125km und 580 HM. Ich bin jetzt aber Matsch und halte den Blog kurz. Morgen schaue ich mir Marrakech an und schreibe wieder ein paar Zeilen mehr. Heute genieße ich noch das Gefühl, es geschafft zu haben. Ich bin stolz, mein großes Ziel nach 3500km und über 20000HM erreicht zu haben. 

So, Tag 3 der Woche 9 ist rum. Drei kleine erwähnenswerte Dinge gibt es heute, neben dem Punkt, dass es heute ca. 10 Grad wärmer war als sonst. Ufff, hat mich diese Hitze fertig gemacht. Ich wusste, dass es wärmer wird, aber die 40 Grad mit Sonne von vorne waren irgendwann brutal. Hätte ich nicht gedacht, da ich schon relativ lange in den warmen Gefilden unterwegs bin. Ich musste schon relativ früh kämpfen und die letzten 16km gingen nur mit 0,75l Coke und relativ langsam. In Summe habe ich 76km und 357HM zurückgelegt. Dafür war ich 7h unterwegs. Puh.

Der Morgen hatte mit einem guten Frühstück angefangen und pünktlich um 8:30 Uhr startete ich guten Mutes. Da waren es noch angenehme 21 Grad. Die erste Stunde ging es an der N7 entlang und ich kam zügig voran. Dann hat mich meine Komoot-Route auf eine kleine Straße gelotst, die mich viel Kraft gekostet hat. 11km ging es eine sehr schlechte Sand und Schotterpiste entlang. Da habe ich das Bild des Tages geschossen und zeige dahin, wo ich her kam. Wenn es berghoch geht und es weht der Wind von vorne, dann tut so eine Holperstrecke doppelt weh. Ich bin nur Schlangenlinien gefahren, war hoch konzentriert und habe viele Körner verbraucht. Bei Kilometer 30 war ich schon platt - siehe Bild. Ein Auto hatte mich überholt, ansonsten gab es nur Schafe, Hühner, Kühe, Esel und Pferde und ein paar Bauern. Wenn Andalusien trocken war, dann ist das hier Ultra Dry. Es hat gestaubt ohne Ende. 

Aber die Rüttelpiste war irgendwann vorbei und dann kam ein schmales Asphaltband. Es war noch wärmer und der Wind, leider weiterhin von vorne, hat sich da schon angefühlt wie ein Aufguss in der Sauna. Als Transportmittel war hier nur noch Pferd und Esel angesagt, ich sah nix anderes mehr für eine ganze Weile. Da kam mir ein Mann auf einem Muli entgegen. Habe ihn vom weitem schon gesehen und dachte es ist ein Pferd und drei große Hunde. Als er näher kam, sah ich, dass es drei Schafe waren. Den Leithammel hat er gezogen und die beiden anderen Schafe rannten hinterher. Die waren zügig unterwegs. Als sich das Quartett mir so auf 10m genäherte hatte, ist das Muli hoch gegangen. Ob es sich über mich erschreckt hatte, ist schwer zu sagen. Auf jeden Fall wurde der Reiter abgeworfen und viel auf die Schulter. Das Muli und die Schafe galoppierten über das Feld davon, während der Reiter mit mir meckerte. Mir tat das sehr leid, ich war mir aber keiner Schuld bewusst und bin weiter gefahren. 10km weiter  fand ich ein Gestrüpp und habe den Schatten als Pausenplatz genutzt. Ui, war ich da schon Matsch. Die nächsten Kilometer waren eher ein Kampf, statt ein entspanntes radeln. Der Wind wurde noch heißer und kam leider immer noch von vorne. Mein Wasser hat geschmeckt wie ein Tee, ohne Teegeschmack. Minütlich steigerte sich mein Verlangen nach einem Kaltgetränk. Im gleichen Maße wurde mein Mund immer trockener. Zu dem Zeitpunkt kamen mir immer mehr Esel- und Pferdewagen entgegen. Ich dachte mir, dass die von irgendeinem Markt kommen müssen, das kann kein Zufall sein, dass hier soviel von denen unterwegs waren. Kurz später wurde die Qualität der Straße besser und mitten im nirgendwo kam eine kleines Städtchen. Vier Spuren rein, vier raus. Auf dem ausreichend großen Areal links und rechts der Straße standen bestimmt an die 100 Pferde und Esel mitsamt Anhängern. Dann folgte eine 1km lange Häuserreihe auf beiden Seiten. Es war eine einzige Traube aus viel Mensch, viel Tier und vereinzelten Autos und Dreirädern. Die Straße war  konsequenterweise völlig zugeschissen. Und an den Läden, wo es zu 80% Landwirtschaftsbedarf gab, standen Schlangen von Menschen. Mir war so nach Kaltgetränk, dass ich mich irgendwann mit Rad an Mensch und Tier vorbei an einem Laden angestellt habe. Uhhh, was ein Gedränge und bestellt wurde kreuz und quer. Mein Rad hatte dann die Waage für den Dünger blockiert, also musste ich raus aus der Schlange und mit einem Esel um einen Platz fürs Rad streiten. Endlich bekam ich dann meine Cola, nachdem ein Mann dem Verkäufer gesteckt hat, er solle mich mal bedienen. Glücklich zog ich weiter und hab mal knapp einen halben Liter geext. 

Bis das Bäuerchen kam, habe ich das Rad geschoben, dann ging es weiter. Und ab hatte ich einen Schatten. Ein kleiner Junge ist mir mit seinem quietschenden Rad hinterher gefahren. Einige Male rief er was auf arabisch, ich hatte aber keine Ahnung was er meinte. Kurz wollte ich ihn abhängen, dazu war ich aber viel zu platt. Er war frisch und jung und wohl an die Hitze gewöhnt, zusätzlich hatte sein Jäckchen als Sonnenschutz über seine Kopf gezogen. Das war sicherlich keine schlechte Maßnahme. Ich hingegen war weiter am kämpfen und wollte nur noch ankommen. Nach 12km hielt ich dann doch nochmal an  und nahm einen sehr großen Schluck aus der Cola. Den Rest gab ich dem Jungen. Die Kommunikation beschränke sich auf das wo komme ich her und wo will ich hin. Die letzten 7km gingen mit dem quietschenden Rad hinter mir auch noch vorbei. Dann gab es ein Bye und der Junge war weg und ich war in Sidi Bennoit. 

Jetzt liege ich in meiner 100 Dirham (9 Euro) Unterkunft und schwitze weiter. Das Zimmer ist die 9 Euro wert, aber nicht mehr. Wäre ich nicht so Matsch, würde es mich ggf. stören. Aber die kalte Dusche tat gut (warmes Wasser und Handtücher braucht es auch nicht) und ich freue mich über Wifi. Vielleicht gelingt es mir auch noch das Bild von dem Jungen hochzuladen. 

Drei Dinge beschäftigen mich jetzt noch. Wo bekomme ich Klopapier her, dass vergaß ich, als ich Verpflegung für morgen gekauft habe. Wo esse ich was zu Abend, das ist hier alles total Basic. Selbst die Taxis die Straßen hoch und runter sind Esel- oder Pferdekarren. Drittens, wie bewerkstellige ich morgen die 125km mit vielen Hügeln nach Marrakech. Der letzte Punkt bereitet mir richtige Sorgen. Ich werde vor Sonnenaufgang los müssen, das ich so weit wie möglich komme, bevor es wieder sauheiß wird. Im Moment plane ich gegen 6:30 zu starten. Wie auch immer, bis 12 Uhr schaffe ich die Strecke nicht. Das wird morgen also ein spannender und harter, aber vor allem ein sehr heißer Tag. Jetzt kümmere ich mich mal um Erstens und Zweitens. Ich hoffe mal da finde ich gute Lösungen. Inschalah. 

So, Tag 2 der Woche 9 ist rum. Es ist der letzte Tag an der Atlantik Küste. Morgen geht es nach Süden ins Landesinnere und es wird dann noch wärmer werden. 

Heute morgen war es erstmal sehr diesig und man konnte kaum was sehen. Daher bin ich mit Karim zu einem Café gelaufen und wir haben uns einen marokkanischen Espresso gegönnt. Karim ist zuvorkommend und nett und ein vorbildlicher Vertreter der berühmten marokkanischen Freundlichkeit. Wir haben uns ausgezeichnet unterhalten und ich konnte wieder ein bisschen über das Land lernen. Es wird mir klarer warum der König umstritten ist. Im Gegensatz zu Spanien oder England, ist der König wirtschaftlich sehr aktiv und dominant. Er hatte eine Zeit einen großen Teil der Nahrungsmittelindustrie besessen. Das Volk hat aufbegehrt und gerufen, wenn wir aufstehen und frühstücken füllen wie schon dein Portmonee. Daraufhin hat er einige seinen Firmen abgestoßen, sich aber im Gegenzug im Energiesektor und in der Solarindustrie eingekauft. Das hat ihm letztlich nicht richtig geholfen, die Gemüter zu beruhigen. Scheinbar wollen die Marokkaner einen König, aber nach dem europäischen Model. Sprich, er soll eine jährliche Zuwendung bekommen und gut ist. 

Weiterhin meint Karim, dass sich die Bevölkerung in einem Wandel befindet. Was auch absolut notwendig wäre. Ganz vorne steht dabei die Bildung. Insbesondere die arme Bevölkerung ist zu ungebildet, um zu verstehen was im Land passiert, und um ihre Stimme zu heben. Jeder soll was für sein Dorf, seine Stadt leisten können, sich eine Meinung bilden können, damit er auch seine Stimme heben kann. Kulturell ändert sich schon im Moment einiges und schafft Vorraussetzungen für diesen Wandel. Die Kinder wachsen heute völlig anders auf, er meinte gegenüber seinem Vater hätte er nie ein Nein äußeren können. Mit seinen Kindern lebt er es anders und er ist da keine Ausnahme. Wir haben noch über dies und das gesprochen und es war eine schöne Erfahrung. 

Die Fahrt heute war nochmal einfach und mit 57km kurz. Diese kurzen Fahrten strengen mich nicht mehr an. Ich fühle mich durch diese einfachen Fahrten auch wieder wesentlich fitter, auch mental. Auf jeden Fall hat mich die Route heute mitten durch Azemmour geführt. Hätte sicherlich nicht mitten durch die Gässchen des Centers führen müssen, aber so konnte ich wieder das 'Leben' der Menschen hier hautnah erleben. Leider könne die Fotos nicht genau wiedergeben, wie es hier zugeht. Aber die Enge in der das Leben, das Geschäftsleben abläuft ist schon Wahnsinn. Auf der eine Seite hat mein Lenker die Dame gestreift, die Fische eingekauft hat und auf der anderen Seite den Herren, der mit einem Verkäufer über irgendwas gefeilscht hat. Das Warenangebot ist einfach und hochspezialisiert. Einer verkauft nur Kartoffeln, der andere Zwiebeln, der nächste eine paar Fische. Dann stehen mitten auf der kleinen Gasse halbe Schaufensterpuppen mit Jeans und ein Laden weiter verkauft einer Säfte und ein anderer total skurrile Sachen. Ist auf jeden Fall eine Erfahrung für mich und keine Inszenierung für Touristen. 

Im Moment bin ich in El Jidada, eine Küstenstadt und ein berühmter Sommerurlaubsort für Marokkaner. Ich habe am Strand einen Kaffee getrunken und den Jugendlichen beim Fußballspiel zugeschaut. Witzig waren auch die Touristen, die sich auf Pferden oder Kamelen sitzend am Strand entlang führen lassen. Aber für mehr Sightseeing hatte ich keine Muse. Die angeblichen 32 Grad haben sich nach mehr angefühlt und ich hatte schon genug Hitze heute. 

Jetzt werde ich mein Hotel in Marrakech buchen und mich mental auf zwei harte Tage einstellen. Für morgen habe ich keine Unterkunft, ich hoffe in dem Travelers Hotel in Sidi Bennoit unterzukommen. Ob ich dann Wifi habe, weiß nicht. Ggf gibt es dann morgen keinen aktuellen Eintrag im Blog. Aber schauen wir mal. Inschalah. 


So, Tag 1 der Woche 9 ist rum. Heute morgen um 7 Uhr hat das Telefon geklingelt. Es war der Vermieter meiner Unterkunft für heute und fragte, ob ich was anderes finden könnte. Ich war etwas verwirrt und meinte erstmal nein, daraufhin wollte er sich in einer Stunde nochmal melden. Beim Frühstück ging mir durch den Kopf was ich tun sollte: auf das Apartment bestehen, oder was neues suchen. Wobei die Frage war, ob ich überhaupt auf die Wohnung bestehen könnte. Also habe ich nach dem Frühstück nach Optionen geschaut, wobei ich schon wusste, dass es dort keine Hotels gibt. Als ich eine Apartment ein paar Kilometer entfernt gefunden hatte, rief ich den Jogi von mir aus an und wollte stornieren. Aber er meinte nun es ginge klar und er käme vorbei. Hm, na dann war das erstmal geklärt. 

Ich dann zeitig los gekommen und freute mich aber nicht so richtig auf die Strecke. Es ging komplett durch Casablanca. Irgendwie verbindet man, bzw. ich mit Casablanca immer den berühmten Film. So hatte ich auch eine entsprechende Vorstellung von der Stadt. Das war aber nur eine Illusion generiert aus einer Filmkulisse. Die Stadt heute hatte mit meiner Vorstellung nichts gemeinsam, soviel wie ein Jägerschnitzel mit einem Jäger. Die Stadt ist einfach hässlich, voller Menschen, alles ist dreckig und der Verkehr ist grausam. Hat mich über eine Stunde gekostet mich durch das Gewirr zu quälen. Aber irgendwann war das geschafft und dann kamen wieder Slums. Teilweise sehen die aus wie die Favelas in Rio. Wellblech auf dem Dach und mit allem was irgendwie nützlich ist, wird in den Hütten verbaut. Durch die kleinen Straßen zu fahren, ist fast wie bei den Familien über den Hof zu fahren. Irgendwie nicht schön und auch komisch. Und schwups ein paar Kilometer weiter fangen wieder die Gegenden mit den schönen Apartments an. Habe vorhin gelernt, dass das eine Politik des alten Königs war. Er hat strategisch gewollt, dass Arm und Reich nah beieinander sind, um voneinander zu profitieren. Ob das funktioniert, kann ich nicht so richtig feststellen. 

Nach 64km kam ich dann an der Costa Brava an, so heißt die Siedlung mit Apartmenthäuser in Sidi Rahal. Der Vermieter war auch da. Musst er auch, denn ohne ihn wäre ich nicht in die Siedlung gekommen. Hier ist alles von Security abgesichert. Er heißt Karim und ist Koch in der Armee. Es kam extra aus Marrakech angereist. Normalerweise wohnt er in Casablanca. Er war dann total nett und hat mich noch mit dem Auto zum Supermarkt gefahren. Jetzt bin ich einem hübschen, modernen Apartment mit deutschem Fernsehprogramm und Pools im Garten. In einen Pool musste ich auch gleich mal reinspringen und mich abkühlen. Das ist sehr nett hier. 

Jetzt entspann ich mich hier etwas und genieße das häusliche. Die Etappen bis Marrakech werden jetzt jeden Tag länger und da werde ich noch Kraft und Nerven brauchen. 

Wenn ihr euch die Bilder anschaut werdet ihr sehen, dass heute die Sonne ausblieb. Es war durchgängig bewölkt und damit angenehmer. Trotzdem war es wieder über 30 Grad warm. Leider wird es wohl die Tage noch wärmer werden. Mal sehen wie ich dann damit zurechtkomme. Morgen geht es nach El Jadida, mein letzter Stop an der Atlantikküste. Danach geht es ins Landesinnere. Inschalah. 

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Kommentare: 4
  • #1

    AJ (Mittwoch, 11 Oktober 2017 18:53)

    Hi Dirk, drücke dir weiterhin die Daumen, dass du sicher und gesund in Marrakesch ankommst.

    This Moment in Time is all my life...

  • #2

    Manuela (Samstag, 14 Oktober 2017 20:43)

    Yippie yeah!!!

  • #3

    AJ (Samstag, 14 Oktober 2017 23:24)

    Respekt und Anerkennung - Richtig klasse !!

  • #4

    Ralf & Vera (Dienstag, 17 Oktober 2017 07:33)

    Hallo Dirk, eine beeindruckende Reise und eine phantastische Leistung!